Wozu ist das Stuttgartprojekt da? Wozu ist die Kirche da?

Ich lese gerade ein Buch von Harvey Conn, einem Missionswissenschaftler aus den USA. In seinem kleinen Büchlein „Evangelism. Doing justice and preaching grace“, welches im Jahr 1982 zum ersten Mal erschienen ist, also schon vor über 35 Jahren schreibt er unter anderem Folgendes, auf Seite 23:

The church must recapture its identity as the only organization in the world that exists for the sake of its nonmembers.

Mit dieser Aussage trifft Conn einen wunden Punkt unserer Kirchenlandschaft. Auch wir als Stuttgartprojekt müssen und wollen uns dieser Herausforderung stellen, dass wir nur dann unserem eigentlichen Auftrag als Kirche gerecht werden, wenn wir uns auf die Menschen außerhalb unserer Kirche fokussieren. Zu viele Aktivitäten in unseren Kirchen sind mit den Mitgliedern und zu den Kirchen Gehörenden beschäftigt. Zu wenig sind wir im Dialog und Kontakt mit den Menschen außerhalb. Unsere Gottesdienste sind für „Insider“ gemacht. Auch wenn wir beklagen, dass nur noch sehr wenige Menschen einen wirklichen Bezug zu Kirche und Glaube haben, feiern wir doch vielfach unsere Gottesdienste als wären alle Menschen christlich sozialisiert. Wir setzen Vokabular voraus, Bibelkenntnis, liturgische Kenntnisse, das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis. Wenn es aber wirklich so steht, dass nur noch sehr wenige Menschen mit Kirche etwas anfangen können, sollten wir dann nicht all dies anders gestalten? Uns mehr darin üben, durch die Brille eines Menschen zu sehen, der keine Ahnung von Kirche und Glaube hat? Mit seinen Ohren hören, was gesagt wird?

Bonhoeffer spitzt diesen Gedanken in seinem Buch „Widerstand und Ergebung“ noch etwas zu. In Dietrich Bonhoeffer Werke, Band 8, S. 560f. ist zu lesen:

Die Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist. Um einen Anfang zu machen, muss sie alles Eigentum den Notleidenden schenken. Die Pfarrer müssen ausschließlich von den freiwilligen Gaben der Gemeinden leben, evtl. einen weltlichen Beruf ausüben. Sie muss an den weltlichen Aufgaben des menschlichen Gemeinschaftslebens teilnehmen, nicht herrschend, sondern helfend und dienend. Sie muss den Menschen aller Berufe sagen, was ein Leben mit Christus ist, was es heißt, „für andere dazu sein“. Speziell wird unsere Kirche den Lastern der Hybris, der Anbetung der Kraft und des Neides und des Illusionismus als den Wurzeln allen Übels entgegentreten müssen. Sie wird von Maß, Echtheit, Vertrauen, Treue, Stetigkeit, Geduld, Zucht, Demut, Genügsamkeit, Bescheidenheit sprechen müssen. Sie wird die Bedeutung des menschlichen „Vorbildes (das in der Menschheit Jesu seinen Ursprung hat und bei Paulus so wichtig ist!) nicht unterschätzen dürfen; nicht durch Begriffe, sondern durch „Vorbild“ bekommt ihr Wort Nachdruck und Kraft.

Was das wohl bedeuten würde für uns als Kirche? Das bewegt uns im Stuttgartprojekt.

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